Die Reaktivierung der Almetalbahn Paderborn – Büren – Brilon schließt eine große Lücke im deutschen Eisenbahnnetz. Zwischen Westfalen und Hochsauerland liegt eine rund 100 Kilometer breite Barriere, über die keine qualifizierte Verbindung mit überregionaler Bedeutung im öffentlichen Verkehr besteht. Die Almetalbahn liegt etwa in der Mitte dieser Barriere. Die reaktivierte Almetalbahn ist daher mehr als nur eine lokal bedeutende Schienenverbindung: Die Almetalbahn ist unverzichtbar im Deutschland-Takt und macht es möglich, das Hochsauerland wieder an den wirtschaftsstarken Raum Ostwestfalen anzuschließen und Reisezeiten in die Hauptstadt Berlin deutlich zu verkürzen.
Eisenbahnkarte Deutsche Bundesbahn 1982.
Dadurch entstehen für Reisen im öffentlichen Verkehr Umwege, die den Weg auf das Drei- bis Vierfache verlängern. Trotz Umweg ist man so nicht einmal halb so schnell wie mit dem Auto.
Barriere im Deutschland-Takt
Der Deutschland-Takt kann die Barriere nicht beseitigen, solange es keine Schienenverbindung zwischen Paderborn und Brilon gibt.
Auszug aus dem Zielfahrplan 2030+, 2. Entwurf, Fahrplanblatt NRW.
Anschluss nach Berlin nur noch mit der Almetalbahn
Die Reaktivierung der Almetalbahn ist die einzige Chance für das Hochsauerland, in die Hauptstadt Berlin mit einmaligem Umsteigen zu gelangen: über Bielefeld. Heute erreicht man Berlin über den ICE-Bahnhof Kassel-Wilhelmshöhe alle 2 Stunden direkt. Ab Ende 2021 muss immer in Warburg umgestiegen werden, weil der Rhein-Ruhr-Express erfolgreich ist und nicht mehr länger mir Dieseltriebwagen unter Fahrdraht gefahren werden soll. Die ICE-Verbindung von Kassel nach Berlin wird langsamer als bisher, weil die schnellen Züge von Frankfurt über Erfurt nach Berlin fahren. Daran wird sich auf Jahrzehnte hinaus nichts mehr ändern. Dann bleibt nur noch der Umweg über Dortmund.
Von Bielefeld soll nach dem Willen der Bundesregierung eine halbe Stunde schneller als heute gefahren werden: Die Bundesregierung plant mit Hochdruck eine Neubaustrecke. Mehr erfahren Sie hier.
Die Sennebahn kann um eine Viertelstunde beschleunigt werden. Alles in allem wird dann auch die Verbindung von Brilon nach Berlin so schnell, dass man die Fahrzeit mit dem Auto nicht unterbieten kann.
Der Bus hat versagt, der Schnellbus ist nicht schnell genug
Gegenüber einer reaktivierten Almetalbahn ist der „Schnellbus“ Paderborn – Brilon – Buslinie S 10 – keine Alternative. Die heutige Fahrzeit von 69 Minuten zwischen Brilon und Paderborn ist zu lang, um den integralen Taktknoten Paderborn (Minute 15/45) sinnvoll mit dem Hochsauerland zu verbinden. Der Busfahrplan des Jahres 2020 erzeugt beispielsweise eine Übergangszeit von Detmold (RB 72) nach Brilon von 57 Minuten, bei einer Weiterfahrt bis Meschede fallen weitere 27 Minuten Wartezeiten an. Von der Gesamtreisezeit muss die Hälfte der Zeit gewartet werden.
Eine kürzere Fahrzeit des Schnellbusses wäre zwar möglich, wenn dieser Haaren und Bad Wünnenberg nicht bedient, dann fehlt aber die Nachfrage aus Haaren und Bad Wünnenberg, die für diese Buslinie wesentlich ist.
Die reaktivierte Almetalbahn kann hingegen die Ansprüche des integralen Taktfahrplans erfüllen und gleichzeitig alle Zwischenhalte bedienen.
Vor allen an Sonntagen dominieren die weiträumigen Reisenden das Fahrgastaufkommen. Für überregionale Reisende ist nicht nur die absolute Reisezeit von Bahnhof zu Bahnhof entscheidend,
sondern auch die Umsteigezeiten, die Sicherheit des Anschlusses, die Wege beim Umsteigen und die Bequemlichkeit des Umstiegs in nicht bekanntem Umfeld. Allein die (oft berechtigte) Angst, den Bus nicht schnell genug finden zu können, führt dazu, dass Reisende eine Busfahrt zwischen zwei Bahnabschnitten meiden.
Diese überregionalen Fahrgäste fehlen im Schnellbus S 10, dieses schlägt sich in einem sehr ausgedünnten Angebot am Wochenende nieder:
Die überregionale Verbindung ist mangelhaft. Die reaktivierte Almetalbahn würde mit nur einer Linie alle Ortschaften besser bedienen…
Warum wurde die Almetalbahn stillgelegt?
Die Stilllegung der Almetalbahn ist das Ergebnis einer verfehlten Strukturpolitik, die mit der Gründung der Reichsautobahngesellschaft als Tochter der Deutschen Reichsbahn Mitte 1934 begann und erst 1994 mit der Bahnreform 1994 aufgrund der Initiative der Bundesländer korrigiert wurde.
Typischer Grind für die Stilllegung ist dieser Bahnübergang an der Grenze der Gemarkung Brilon: Hier kreuzt ein Wirtschaftsweg die schnurgerade Strecke, auf der auch Tempo 120 möglich wäre. Eine technische Sicherung fehlt, der Zug darf nicht schnell fahren. Der Wirtschaftsweg ist verzichtbar, weil in nur 600 Meter Entfernung nördlich die Straße „Zur Heide” mit gleicher Funktion kreuzt. Aber am Zustand zur Zeit von Pferd und Wagen hat sich in einem Jahrhundert nichts geändert, außer dass der Weg eine Asphaltdecke bekam und das Verkehrszeichen „Bahnübergang” erneuert wurde.
Blick von diesem Überweg Richtung Alme: Zustände wie zur Zeit von Pferd und Wagen auch noch im Jahre 2020.
In regionale Bahnlinien wurde seit dem Bau zur Kaiserzeit so gut wie nichts investiert. Die Höchstgeschwindigkeit betrug 60 km/h. Viele Bahnübergänge an Feldwegen waren nicht mit Schranken gesichert und verlangsamten die Fahrt. Schrankenwärter und an jedem Bahnhof zwei Stellwerke mit Fahrdienstleitern verursachten enorme Personalkosten. Einzig mögliche Einsparung schien zunächst der Ersatz von Zügen durch Busse und dann die Stilllegung der gesamten Bahnlinie zu sein. So ersetzte die Deutsche Bundesbahn schon in den 1950er Jahren auf der Almetalbahn Züge durch Busse, obwohl die Busse eine halbe Stunde länger unterwegs waren als die meisten Züge. Damit leitete die Bundesbahn die Vertreibung der Fahrgäste aus den Zügen ein, die ab den 1960er Jahren zu immer mehr Stilllegungen von Bahnstrecken führte. Zu den frühen Stilllegungen gehört auch die Almetalbahn. Erst die Initiativen von mutigen bürgern zeigten, dass Eisenbahnen auch in der Region eine Zukunft haben. Da war aber der letzte Reisezug auf der Almetalbahn schon abgefahren.
* Der Eilzug verkehrte einmal täglich von Frankfurt nach Bremen.
** Der Schnellbus verkehrte einmal täglich von Siegen nach Paderborn.
Erst Mitte der 1980er Jahre – also Jahre nach der Stilllegung der Almetalbahn – begannen die Bundesländer, die immer weiter fortschreitenden Stilllegungen zu kritisieren. Dieser Prozess endete mit der Bahnreform 1994, mit der die Zuständigkeit für den Regionalverkehr den Bundesländern übertragen wurde. Dafür musste das Grundgesetz geändert werden. Unabhängige Bürger, wie sie auch hinter dieser Website stehen, hatten an dieser politischen Entwicklung einen wesentlichen Anteil.
Erst Ende der 1980er Jahre setzte eine wissenschaftliche Diskussion über die Bedeutung der Bahnlinien für die Stadt- und Raumentwicklung ein, zugleich begann die Digitalisierung der Bahnstrecken und eine enorme Innovationswelle bei Fahrzeugen und Stellwerkstechnik. Mit der Übergabe der Verantwortung für den Regionalverkehr an die Bundesländer begannen die ersten Reaktivierungen von Bahnlinien, und fast überall waren selbst Befürworter von besseren Bahnstrecken überrascht, wie attraktiv moderne Regionalbahnen sind: Die Prognosen der Fahrgastzahlen wurden weit übertroffen.